Es war vier Wochen vor Weihnachten, als ich im Reisebüro anrief um eine weitere Reise nach Tansania zu buchen. Mein Sohn würde die bevorstehenden Feiertage erstmals mit seinem Vater verbringen und ich wollte die sich mir bietende Gelegenheit nutzen, um wieder auf meinen Lieblingskontinenten und in mein Lieblingsland zu reisen.
An Kontakten in Tansania mangelt es mir nicht, schließlich war ich mit Freunden schon früher in Tansania gewesen. Ich kontaktierte einen der Fahrer vor Ort, um mir einen Jeep zu sichern und buchte einen Flug, sowie die ersten zwei Nächte meines Aufenthalts in der Hatari Lodge. Um die weiteren Unterkünfte während meiner Reise wollte ich mich später und vor Ort kümmern.
Mein Abenteuer konnte ebeginnen: Das erste Mal ungeplant und völlig unorganisiert nach Afrika. Das erste Mal alleine und als weiße Frau: unterwegs auf dem schwarzen Kontinent.
Am 26. Dezember sollte ich um 1:30 morgens am Kilimandscharo – Airport landen.
Kaum war der Flug nach Tansania samt Jeep fix gebucht, bekomme ich höllische Zahnschmerzen. ich suche also 6 Tage vor Reiseantritt noch schnell meinen Zahnarzt auf und erfahre, das sich in meinem Oberkiefer eine Zyste befindet, die dringend entfernt werden muss – dummerweise muss ein seitlicher Frontzahn gleich mit entfernt werden. Mit einem verlorenem Zahn, dafür aber zehn neu gewonnenen Fäden in meinem Mund, mache ich mich nach der OP frustriert und mit einem dick angeschwollenem Gesicht, auf den Weg nach Hause.
Shit happens…
Wenn du etwas wagst, wächst dein Mut. Wenn du zögerst, deine Angst.
Gandhi
Der Zahnarzt in der Bordküche
Ich überlegte angestrengt, ob ich die Reise nach Tansania in meinem derzeitigen Zustand wirklich antreten sollte, doch meine Überlegung bleibt immer die Gleiche, egal wie ich es drehe oder wende: die Schmerzen werde ich hier oder dort haben, also kann ich mich genauso gut für dort entscheiden.
Ich entscheide folglich trotz provisorischer Zahnprotetik und mit noch angeschwollenem Gesicht in den Flieger zu steigen, was sich 2 Stunden nach Abflug als Katastrophe herausstellt – die Druckveränderungen im Flugzeug verursachen mir unglaubliche Schmerzen, deshalb bitte ich die Stewardess um Hilfe, sie soll sich auf die Suche nach einem hoffentlich im Flugzeug sitzendem Zahnarzt begeben.
Mein Plan geht auf, gleich zwei Zahnärzte geben sich zu erkennen und machen sich gemeinsam mit mir und der Stewardess im Schlepptau, auf den Weg in die Bordküche um mit der kleinen spitzen und von mir mitgebrachten Haushaltszange, die Drähte der Schiene so zu biegen, dass diese wieder in meinen Mund passt, ohne mir diese höllischen Schmerzen zu verursachen.
Glücklicherweise konnte ich zuvor beim einchecken den Kontrolleur bei der Gepäckkontrolle davon überzeugen, dass diese “Waffe” unbedingt mit mir in diesen Flieger und in mein Handgepäck muss – mit Plasitkmesser und Plastikgabel aus der Bordküche wären wir bei den stabilen Drähten der Schiene nämlich nicht wirklich weit gekommen.
Sieben Stunden später steige ich mit einer Herpes simplex Invasion auf nahezu jedem Quadratmeterzentimeter meiner Lippen, schmerzen in meinem Kiefer und der Ungewissheit, ob der Fahrer samt Jeep tatsächlich am Flughafen stehen und auf mich warten würde, aus dem Flugzeug. Weitere zwei Stunden später halte ich mein Visum in Händen und bin endlich durch die Passkontrolle.
In Afrika geht eben alles etwas langsamer.
Falls mein gebuchter Fahrer nicht wie verabredet am Kilimandscharo-Airport auf mich warten sollte, würde ich mich mit der Hatari Lodge in Verbindung setzen und abholen lassen, von dort aus könnte ich mich dann auf die Suche nach einem Jeep samt Fahrer für die nächsten Wochen kümmern.
Meine Sorge war glücklicherweise völlig unbegründet, Louis der Fahrer, wartet bereits seit über 3 Stunden geduldig am Flughafen und bringt mich sicher durch die Nacht im afrikanischen Bush und in die Hatari Lodge – aber nicht ohne auf meinen Wunsch hin, inmitten der tiefsten Wildnis und bei völliger Dunkelheit anzuhalten, den Motor abzustellen und das Dach des Jeeps zu öffnen, um den wunderschönsten Sternenhimmel dieser Erde in Begleitung vom Zirpen zahlloser Grillen und verschiedenster Tierlaute ausgiebigst genießen zu dürfen.
Vergessen war die Katastrophe in meinem Mund und alles was mich zuvor beschäftigt hatte. Ich war angekommen. Mein Abenteuer hatte begonnen.
Irgendjemand sollte sich mal auf die Suche machen und das Gefühl “Afrika” in eine Pille verpacken.
Gabriele Canale

Der Cognac auf dem Kamin wartet schon
Mit einem köstlichen nachmitternächtlichem Mahl, loderndem Feuer im offenem Kamin meines Bungalows und einem bereitgestellten Cognac auf dem Kaminsims, begrüßt mich Andrew, der Manager der Hatari Lodge wärmstens. Als wäre dies noch nicht genug, liegt noch eine liebevoll vorbereitete Wärmflasche in meinem Bett.
So habe ich Tansania und diese Lodge in Erinnerung und genau deshalb liebe ich diesen Ort, fast mehr als jeden anderen. Ich bin angekommen.
Beim Frühstück am nächsten Morgen auf der Terrasse der Hatari Lodge, leisten mir neben Louis und Andrew zahlreiche Giraffen, unzählige Büffel und gut gelaunte Zebras Gesellschaft. Ich entscheide in Absprache mit dem Fahrer, zwei Tage Safari durch meinen absoluten Lieblingsort – die Serengeti ♥️ – zu unternehmen und irgendwo in einem Camp im Bush zu übernachten. Danach will ich weiter, ca. 600 Kilometer ganz runter in den Süden fahren, durch Arusha, Moshi, Tanga, die Usambaraberge, vorbei an Bagamoyo nach Pangani samt seinem wunderschönen Strand am indischen Ozean.
Dort möchte ich ein paar Tage relaxen und die Ruhe genießen aber bevor ich wieder zurück nach Hause fliege, will ich unbedingt noch zwei Tage in Arusha verbringen. Ich will die Märkte und Orte der einheimischen Bevölkerung besuchen und sehen wie die Menschen in Tansania tatsächlich leben.
Mein Hauptaugenmerk liegt dieses Mal also nicht bei den Tieren von Tansania, sondern bei den Menschen und der Landschaft, dieses unvergleichlich schönen und vielseitigen Landes.
Den einzigen Menschen, den ich wirklich beneide, ist derjenige, der noch niemals in Afrika gewesen ist – denn er hat noch so unendlich viel, worauf er sich freuen kann.
Richard Mullin
Es gibt zwar kein Wifi auf Safari, aber die beste Verbindung.
Gabriele Canale
Lieblingsplatz ♥️
Die Serengeti ist eine ganz eigene Welt, in der Welt der Schönheiten unserer Erde. Ich werde wohl solange ich lebe niemals den Punkt erreichen, an welchem mir das Betrachten der Tiere in der afrikanischen Savanne langweilig werden wird.
Jeder Besuch in der Serengeti ist für mich, von Haus auf viel zu kurz und könnte sich bis in die Unendlichkeit hinziehen, aber immerhin bin ich wieder hier, an meinem allerliebsten Lieblingsplatz ♥️
Die Begegnungen mit den weltschönsten Tieren, machen jeden Moment an diesem Ort zu einmaligen Erlebnissen, die sich mir jedes Mal ganz tief in mein Herz eingraben: Durch das hohe Gras streifende Geparden, auf dem Baum fressende Leoparden, durch die afrikanische Nacht brüllende Löwen, die Natur niederwalzende Elefantenherden, hinterlistig lachende Hyänen, friedlich grasende Büffelherden, aufmerksam umherschauende Gnu`s und unzählige lustig umherspringende Zebras.
Mit aufgestelltem Schwanz und geschäftig durch die Serengeti eilende Pumba`s, zahllose wunderschön aussehende Antilopen und Gazellen, die scheuen und sich im hohen Gras sowie im Gebüsch versteckenden Servale, Karakale oder Wüstenfüchse und so viele weitere Schönheiten mehr.
Es gibt wohl kein Wort, welches auch nur im Ansatz das Gefühl beschreiben würde, welches sich bei einer Safari in deinem Innern einstellt und ausbreitet. Ein Gefühl von tiefempfunder Dankbarkeit und Demut – gemixt mit dem Gefühl von immensem Glück, unendlicher Liebe, absoluter Begeisterung, totaler Überwältigung, grenzenlosem Respekt und dem Wissen von Ohnmacht. Du vibrierst im Innern und bist regelrecht von einem Beben erfüllt, anhand dieser vielen unbeschreiblichen und magischen Eindrücke – gleichzeitig erfüllt dich eine tiefe Ruhe, wie du sie niemals zuvor erlebt und auch nicht danach, je wieder empfunden haben wirst. ♥️
Es gibt etwas bei einer Safari, dass dich alles vergessen lässt. Ein Gefühl als hättest du eine Flasche Champagner getrunken, ein Gefühl von tief empfundener Dankbarkeit am Leben, ein Gefühl als wärst du nur geboren worden, um diesen Moment erleben zu dürfen.
Gabriele Canale

Unterwegs als Alien
Der weiße Staub der Serengeti liegt hinter uns und je weiter wir in den Süden von Tansania fahren, desto dunkler und rötlicher wird die Erde von Mama Afrika und es begegnen uns immer weniger Touristen – ich habe in Tansania zu keinem Zeitpunkt Orte erlebt, wo ich viele Touristen angetroffen hätte aber nun bewege ich mich ausnahmslos inmitten von Einheimischen und bin die einzig weiße Person, obendrein mit blondem Haar, die weit und breit zu sehen ist.
Mir wird nun klar, wie sich ein schwarzer Mensch bei uns in Deutschland oder überhaupt, inmitten von nur weißen Menschen fühlen muss. Wobei ich betonen möchte, dass mir in Afrika keinerlei Rassismus entgegen kommt und ich überall aufs Herzlichste willkommen geheißen werde. Die Herzlichkeit und Grosszügigkeit dieser Menschen ist trotz ihrer bescheidenen Lebensumstände grenzenlos und vorbildlich.
Die erwachsenen Menschen sind begeistert von meiner hellen Haut und meinem blonden Haar sowie neugierig auf meine Person, sie betrachten mich, als wäre ich ein Alien. Sie fotografieren mich mit ihren Handys versäumen allerdings nicht, vorher in ihrer Landessprache meinen Fahrer Louis um Erlaubnis bitten. Kinder aller Altersklassen stürmen in Scharen auf mich zu, bleiben nah vor mir stehen und berühren vorsichtig und voller Ehrfurcht meine Hände und Arme, mein Gesicht und mein Haar.
Um Land und Leute kennenzulernen, musst du im Herzen barfuß reisen
Gabriele Canale
Was für eine Ziege
Auf dem Weg über die einzige geteerte Strasse, welche von Arusha durch die Usambaraberge in den Süden führt, herrscht reger Verkehr – die afrikanische Fahrweise könnte mich durchaus unruhig werden lassen wenn ich nicht wüsste, dass ich einen der besten Fahrer Tansanias neben mir am Steuer sitzen habe und er wirklich mit jeder brenzligen Situation auf der Strasse oder auf den oft unbefestigten Wegen außergewöhnlich gut umzugehen weiss.
In Tanga machen wir Rast und essen an einem Strassengrill. Auf der nicht vorhandenen Speisekarte steht Ziege – das einzige Fleischgericht neben Hühnchen. Wir setzen uns und sogleich kommen einige umstehende Personen an unseren Tisch und setzen sich unaufgefordert zu uns (In Tansania spricht jeder mit jedem, da geht man nicht einfach aneinander vorbei ohne sich zu beachten, selbst wenn man sich zuvor noch nie gesehen hat, werden gute Wünsche getauscht und sich gegenseitig ein schöner Tag gewünscht). Sie fragen neugierig meinen Fahrer woher wir kommen, wohin wir fahren und so weiter (alles was wir in Deutschland wahrscheinlich ebenso wissen wollten, wenn uns ein weißer Alien begegnet 😉)
Die Dame vom Grill – in farbenprächtigste Stoffe gehüllt, die so typisch für Tansania sind, und mit einer eleganten Hochsteckfrisur – stellt uns eine große Platte mit dem bestellten und gegrilltem Ziegenfleisch auf den Tisch, dazu gibt es Ugali – ein landestypischer Maisbrei – geschnittene Tomaten und Zwiebeln und einem Dip der ziemlich scharf aussieht, scharf riecht und genauso scharf schmeckt.
Da in Tansania mit den Händen gegessen wird, kommt eine weitere schöne Kellnerin (ich finde die Menschen in diesem Land alle wunderschön) mit einer Schüssel, einem Krug mit warmen Wasser und einem Stück Seife an unseren Tisch. Wir waschen uns die Hände und machen uns ans Werk.
Louis zeigt mir, wie man afrikanische Kost landestypisch isst: man nimmt sich etwas Ugali mit der rechten Hand, formt es in derselben Hand – ohne Zurhilfenahme der anderen Hand (ich bin ein Naturtalent und schaffe es auf Anhieb 💪🏻🤣) zu einem kleinen Ball, tunkt es zuvor in den Dip und beißt davon ab. Mit der linken Hand bedient man sich nacheinander des Fleisches, der Tomaten und Zwiebeln. Eine feine Sache. Essen schmeckt tatsächlich anders, wenn man es mit den Händen zu sich nimmt – das hätte ich nicht vermutet.
Das Einzige was ich als leicht unangenehm empfinde ist, dass ich das Ugali überall unter meinen Fingernägeln wiederfinde – egal denke ich, dann habe ich für später auch noch was 😉. Ich hatte zuvor wirklich Bedenken die Ziege betreffend, schon des öfteren habe ich bei verschiedenen Gelegenheiten versucht, dieses Fleisch zu essen und bin kläglich gescheitert, weil es mir überhaupt nicht geschmeckt hat. Diese Ziege aber hat es geschafft, von nun an zu einem meiner Lieblingsgerichte zu werden. Sie war so unverschämt gut gewürzt und von ihrer Konsistenz unglaublich zart. Einfach Oberlecker.


200 Menschen, 2 Autos, 2 Kühe & ich
Inzwischen ist es Abend und bereits stockdunkel. Wir müssen allerdings noch irgendwie die Meeresschleuse überqueren, was nur mithilfe der Fähre möglich ist. Ohjee, sag ich Euch, ein Abenteuer ohne Gleichen. Auf dieser Fähre stehen inclusive unserem Jeep zwei Autos, zwei Kühe und ungefähr 200 (!!!) Menschen.
Ich muss (!) das Fahrzeug verlassen, aber der Fahrer muss (!) im Fahrzeug sitzen bleiben.
Ich meine, klar kenne ich Louis auch nicht sonderlich gut, er hätte bereits was-weiß-ich-was mit mir anstellen können oder könnte es noch: mich entführen, verschleppen oder sonstiges, schließlich weiß niemand aus meiner Familie genau wo ich mich aufhalte, dass weiß ich selber ja noch nicht mal so genau. Meine Familie ist logischerweise darüber informiert, dass ich mich in Tanzania befinde, aber sie kennen weder meine Reiseroute noch die Orte die ich besuchen werde. Ich habe alles ja eben erst spontan und vor Ort entschieden und seither kein WLan mehr gehabt.
Ein Tripp dieser Art schweißt dich mit deinem Fahrer zusammen und du fasst zweifelsohne Vertrauen zu diesem Menschen, er ist immerhin der einzige inmitten diesen Landes, den du überhaupt irgendwie kennst. Louis ist demnach im Moment mein einziger Verbündeter.
Als ich den Jeep verlasse und mich als einzige Weiße unter die in der völligen Dunkelheit kaum Sichtbaren schwarzen Menschen mische, kommen mir unvermittelt die Worte meines Sohnes in den Sinn: “Mama, du spinnst! Ganz alleine durch Afrika zu reisen. Vielleicht brauchen die deine Organe oder deine Nieren oder so, was machst du dann?” Ich entgegnete ihm lachend und augenrollend: “Dann mache ich gar nichts mehr, weil lebend werden sie mir die schon nicht entfernen.” (Mal ganz ehrlich: wozu braucht man schon Organe 🙄🤣)
Angst beginnt im Kopf, Mut auch.
Unbekannt
Ich stehe nun also dicht an dicht gedrängt, inmitten dieser vielen Menschen an der Reeling und schaue über das nächtliche Meer. Irgendwo hinter mir spielt ein Handy einen afrikanischen Song, eine Kuh muht laut und verzweifelt und ich kann nicht umhin, fasziniert zu sein von dieser unwirklichen Situation und dem lauten Geplapper der Menschen, in ihrer Muttersprache Swahili.
Ich verspüre keine Angst, es ist nur irgendwie ein komisches Gefühl zu wissen, dass ein einziger Schupser genügen würde und ich für alle Zeiten weg wäre vom Fenster oder wie in diesem Fall, weg wäre von der Reeling. Verschollen irgendwo in Afrika – ein toller Titel für ein Buch denke ich und überlege, ob es meinem Fahrer überhaupt auffallen würde, wenn ich über Board ginge.
Diese Sorge ist völlig unbegründet, wie sich gleich herausstellt als die Fähre anlegt und ich in den Jeep einsteige, Louis zieht mich sofort lachend auf: “Du hättest ruhig tanzen können, nur mit dem Fuß im Takt der afrikanischen Musik zu wippen, bringt nichts:” Ich habe keine Ahnung wie er meine Füße sehen hat können, immerhin konnte ich über die Köpfe der Menschen hinweg gerade mal das Dach des Jeeps ausmachen (das könnte an meiner Körpergröße von 1,58 Metern liegen 😉). Irgendwie beruhigt mich diese Aussage von ihm, zeigt sie mir doch, dass er seinen Job ernst nimmt und auf mich aufpasst. (Von wegen Organe und so 🙈🤣)
Weit nach Mitternacht treffen wir in Pangani in einer traumhaft schönen Lodge ein. Ich springe sofort noch ins Meer eine Runde schwimmen, dusche und gehe danach erfrischt und trotzdem total erschöpft zu Bett.
And woke up next morning in paradise ♥️

On the Road again
Natürlich gäbe es noch viel viel mehr Schönes und Abenteuerliches über diese besondere Reise zu erzählen, aber das würde hier den Rahmen sprengen, deshalb beschränke ich mich auf einige wenige Eindrücke und Erfahrungen auf dieser unfassbar schönen Reise.
Afrika ist kein Ort wie jeder andere. Afrika ist pure Magie
Gabriele Canale
Nach vier Tagen Strand in welchen die Bläschen an meinen Lippen sich schneller vermehrt haben, als jede mir bekannte Tierart es meines Wissens könnte (wer bitteschön fährt auch ohne Aciclovir in den Urlaub, wenn er im Flugzeug eine zahnärztliche Sonderbehandlung mit der Haushaltszange gebucht hat 🙈🙄🤣). What doesn’t kill you, makes you stronger…😉
Nach vier erholsamen Tagen am Meer also, an welchen ich ausnahmslos und nur sehr vereinzelt einheimische Menschen angetroffen habe, die hier und da des Weges kamen, um ihr Schwein oder ihre Hühner am Strand wieder einzufangen oder nach Krabben für eine Mahlzeit zu suchen, sowie am Strand Fussball spielende afrikanische Jungs, mache ich mich mit meinem Fahrer wieder auf den Rückweg in Richtung Arusha.
Und ich schreibe deshalb „ICH mache mich auf den Weg“ weil ich die ersten drei Stunden des Weges selbst fahre und der Fahrer diesmal brav, wenn auch zu Beginn leicht verunsichert, als Beifahrer fungiert.
Ich wollte immer mal schon in Tansania selbst fahren und ich wollte immer schon mal so einen mächtigen und vor PS nur so strotzenden Landrover Defender fahren. Es ist ein völlig anderes Gefühl auf dieser sandigen roten Erde zu fahren und es es ist ein völlig anderes Gefühl auf Wegen zu fahren, die plötzlich und unvermittelt mitten in der Fahrspur einen Riss von einem Meter Tiefe und einen halben Meter Breite aufweisen oder seitlich weder gesichert noch befestigt genug sind, um vielleicht den eigenen Gedanken nachhängend des Weges zu fahren. Dafür bleibt auf diesen Straßen definitiv keine Zeit.
Auf diesen Wegen musst du ständig auf der Hut sein und blitzschnell reagieren. Es springen alle paar Meter irgendwelche Rinder oder Antilopen auf die Fahrbahn, auch ganze Ziegenherden schießen unvermittelt aus dem dornigen Gebüsch, ganz zu Schweigen von den vielen Menschen auf beiden Seiten des Weges, die entweder ihren Tätigkeiten wie Brennholz sammeln, Wasser transportieren oder dergleichen nachgehen, oder aber einfach nur am Wegrand beisammen stehen und sich unterhalten.
Afrika ist ein LAUFENDES Land, nicht ohne Grund kommen die besten Sprinter der Welt meist aus afrikanischen Ländern.
Und dann sind da noch die kleinen Kinder, die zufrieden am Wegrand mit Steinen, Bällen oder selbst zusammengebasteltem Spielzeug – bestehend aus Holz, Stein oder Plastikteilen spielen.

Ich fahre und fahre und fahre…
Ich fahre über wackelige Brücken, unter welchen die Frauen ihre Wäsche waschen oder ihre Kinder baden, ihre Töpfe reinigen oder sich gegenseitig im selbigem Wasser die Haare waschen. Ich fahre vorbei an stark qualmenden Feuern, über welchen die Menschen ihre Mahlzeiten bereiten.
Ich fahre und bin gleichzeitig immer nur am winken, weil alle Menschen mir freundlich Zuwinken und ungläubig staunen, weil sie erstens sehr selten ein Auto dieser Größe sehen. Zweitens, niemals mit einer Frau auf dem Fahrersitz, und drittens schon gar nicht einen Jeep an dessen Steuer eine weiße Frau, mit weißem Haar sitzt und die fährt wie ein Mann, erklärt Louis mir lachend auf mein Nachfragen, warum die Menschen so unglaublich freundlich sind und dabei so überrascht aussehen.
Ich würde einerseits am liebsten anhalten und mich zu all diesen Menschen gesellen und sie herzlich drücken, andererseits möchte ich unendlich lange so weiterfahren. Ich genieße diese Fahrt unendlich und liebe es, den Wind in meinen Haaren zu spüren und die Sonne durch das offene Dach auf meinem Kopf und in meinem Gesicht zu spüren.
Ich liebe die rote Erde und den roten Staub, der sich in jeder Pore meiner Haut und in jedem Einzelnem meiner Haare wiederfindet. Ich liebe die flirrende Hitze vor mir in der Ferne und die damit verbundene unscharfe und verzerrte Sicht.
Ich liebe diese fremden Gerüche – ein Mix aus afrikanischer Erde, beißendem Rauch, den Duft der verschiedensten Tiere, gekochtem Essen, süßen Früchten, frischer Luft und afrikanischer Sonne. Afrika kann man tatsächlich riechen.
Ich liebe es, wenn ich abbremsen und runter schalten muss und im Anschluss daran wieder beschleunige, um den Motor erneut zum aufheulen zu bringen. Kurz gesagt: Ein megageiles Gefühl! ♥️
Du wirst Afrika niemals verlassen können. Afrika wird solange du lebst immer ein Teil von dir sein.
Gabriele Canale

Arusha – vielfach aufregender als New York
Zurück in Arusha, telefoniert Louis kurz und hält fast zeitgleich an der nächsten Straßenecke an. Es hat mich immer schon fasziniert, wie die Leute in Afrika telefonieren, das geht ungefähr so: Jambo…Mambo…Asante sana…puoa. Das war’s und es bedeutet ungefähr soviel wie: Hallo… Wie gehts dir…Dankeschön… und sehr….oftmals kommt noch das Wort Mungo vor, was nichts mit den kleinen Nagetierchen zu tun hat, sondern auf Swahili Gott bedeutet. Dazwischen noch ein paar Laute, aber nach spätestens zwei Minuten ist das Gespräch beendet und alle wissen über die Dinge Bescheid, über die sie Bescheid wissen müssen. Erledigt.
Ich bewundere das, denn ich brauche immer ziemlich lange um am Telefon mein Gegenüber abzuwürgen und zum Ende zu kommen und wirklich Bescheid weiss danach auch Niemand.
Na jedenfalls gesellt sich nach diesem Telefonat von Louis, aus dem Dunkel ein junger Mann zu uns an den Jeep. Mein Fahrer packt ein paar Kröten aus und bekommt einen kleinen Beutel mit frisch und akkurat gedrehten “Tüten” und zwar feinsäuberlich verpackt. Puh, ich bin gleich ganz aufgeregt, als ich kapiere was hier – zwar im Schutz der Dunkelheit – aber auf offener Strasse abgeht. In der Serengeti habe ich mir nichts dabei gedacht, da triffst du auch keine Menschenseele und den Hyänen oder Büffeln ist es egal wieviel Gras dein Fahrer raucht.
Aber in Arusha – der Hauptstadt von Tansania mit seinen rund 3 Millionen Einwohnern – noch dazu an der Hauptverkehrsstraße Marihuana zu kaufen, ist schon sehr mutig, denke ich. Vor allem, weil wir kaum als wir in Arusha ankamen, sofort von der Polizei aufgehalten wurden, die nicht nur unser Fahrzeug auf seine Verkehrstüchtigkeit und die Papiere des Fahrers auf seine Gültigkeit überprüft hat.
Der Beamte in Weiß (diese Uniformen in Tansania sind der Wahnsinn – keine Ahnung wie die es schaffen, dass die so weiß bleibt, denn ich trage zwar auch jeden Tag ein frisches weißes Blüschen aber nach spätestens zwei Stunden ist die Bluse eher rot als weiß – von dem Staub hier 🙄🙈 das würde sich vermutlich auch nicht ändern, wenn ich mir wie der Polizist weiße Handschuhe überziehen würde 😉🙈) kam sogar noch auf die Beifahrerseite und erkundigte sich im feinsten Englisch nach meinem Befinden und dem Betragen meines Fahrers. Er fragte mich sehr freundlich aber nicht weniger direkt, ob ich Grund zur Klage hätte und verschaffte sich einen gründlichen Blick in das Innere unseres Jeeps. Etwas vergleichbares habe ich zuvor noch in keinem anderen Land erlebt.
Louis erklärte mir, dass dies bereits seit Jahren gängiges Vorgehen ist, wenn Touristen chauffiert werden und da Einheimische sich privat ein Fahrzeug dieser Klasse niemals leisten können, ist klar warum er sofort wusste das hier eine Touritante an Bord ist.
Am nächsten Morgen machen wir uns zu Fuß auf den Weg durch diese pulsierende Stadt. Afrika ist eine Sache, die Serengeti eine Andere aber Arusha ist eine ganz eigene Welt.
Überall fahren tausende von Fahrzeugen, qualmend, hupend, zweispurig, fünfspurig …völlig egal ob die Breite der Strasse dies hergibt, danach wird nicht gefragt – was irgendwie machbar ist wird gemacht. Es scheint als gäbe es hier keinerlei Verkehrsregeln und jeder kann fahren wie oder wohin er möchte. Ganz zu schweigen von den tausenden Mopeds und Motorrädern, die als preisgünstiges Taxi unterwegs sind.
Ich kenne Neapel (meiner Meinung nach die chaotischste Stadt den Verkehr betreffend) und bin dort selbst gefahren. Ich kenne Rom, Palermo, Barcelona und Kuba und bin auch dort schon selbst gefahren ( ich kenne auch noch andere große Städte aber dort bin ich nicht selbst Auto oder Roller gefahren 🙄) aber in Arusha möchte ich nicht wirklich am Steuer sitzen. New York ist – das Aufkommen der Fahrzeuge betreffend – im Vergleich ein Kinderspaziergang dagegen.
Arusha ist nicht nur völlig überfüllt mit Fahrzeugen unterschiedlichster Arten: Fahrräder, Mopeds, Bussen oder Lastern beladen mit Baumstämmen die ungesichert fünf Meter hinten überstehen, oder Lastwagen auf deren überfüllten Ladeflächen zig Menschen von A nach B gefahren werden.
Es laufen Menschen über Menschen, überall wohin du blickst. Die Frauen sind ALLE und IMMER herausgeputzt, in ihren schönen bodenlangen und farbenfrohen Kleidern. Ihre Frisuren, meist aus Kunsthaar, sind superschön geflochten oder gesteckt und die Nägel, egal ob Hand oder Fuß, fein säuberlich gepflegt und lackiert. Die afrikanische Frau ist exakt geschminkt und sehr gepflegt, sie hält etwas auf sich und auch ihre Kinder sind tippitoppi gekleidet und frisiert.
Louis musste mich mehr als einmal zur Seite ziehen, weil ich so mit gucken und schauen und schauen und gucken beschäftigt war, dass ich entweder ein Auto, welches quer über den Gehweg fuhr, übersehen habe (mal ganz ehrlich wer rechnet schon mit einem Auto das dir auf dem Gehweg entgegenkommt 🙄🙈🤣) oder ein Herde Mopeds mich beinahe überrollt hätte. (Mir war bis zu diesem Zeitpunkt ehrlich nicht bekannt, das Mopeds Herdentiere sind 🤣).
Du gehst und läufst und plötzlich schießt ein Moped um die Ecke, mit einer ausgewachsenen meckernden Ziege hinten drauf oder einer zwei Meter mal zwei Meter großen Matratze im Gepäck. Ein anderer Mitfahrer auf dem Moped hält je zwei flatternde Hühner in jeder Hand und auf wieder einem anderen Moped sitzen fünf (!) statt der vorgesehenen zwei Menschen. Es ist surreal, dieses geschäftige Treiben in dieser faszinierenden Stadt und es flasht dich und zieht dich mit all deinen Sinnen in seinen Bann, ob du es willst oder nicht.
Louis jedenfalls machte einen Megajob was mich betrifft, wenngleich er heute noch behauptet: es sei wesentlich einfacher für ihn, zwei vollbesetzte Jeeps gleichzeitig durch die Serengeti zu fahren als mit mir eine Stunde durch Arusha zu laufen – keine Ahnung warum er das so sieht 🙃🤣🙈😂
Was ich aber weiß ist: er hat mir die tollsten Plätze und die schönsten Märkte – fernab von irgendwelchen touristischen Highlights gezeigt: In Arusha gibt es nicht diese typischen Einkaufsstraßen, wie wir sie aus den verschiedensten Millionenmetropolen dieser Erde kennen.
In Arusha sind ganze Straßen in unterschiedlichste Rubriken eingeteilt: du suchst einen Nagel, also musst du in die Strasse für Metall gehen. Dort findest du Bleche, Rohre, Schrauben usw., die Geschäftsleute sitzen am Straßenrand vor ihren Geschäften und hämmern, feilen oder schweißen inmitten der vielen Passanten. Du suchst etwas zum Anziehen? Dann gehst du in die Strasse mit Stoffen, Nadeln, Fäden usw., dort sitzen die Menschen an alten Singernähmaschinen und fertigen mitten auf den Straßen und im Getümmel der vielen umherströmenden Menschen direkt irgendwelche Kleidungsstücke nach Wunsch oder Auftrag an.
In wieder anderen Straßen gibt es Holz, Steine, Kosmetikprodukte, elektronische Geräte usw… . An jeder Ecke stehen Holzkarren mit ganzen frischen Ananas, Melonen, Mangos, Orangen, Bananen – die auf Wunsch fein säuberlich geschält und dir auf Papptellern – in mundgerechte Stücke geschnitten – serviert werden. Selbst die oftmals grässlich schmeckende Jackfrucht, wird geschält und in kleine Portionen verpackt, als köstlicher nach einer Mischung aus Ananas & Banane schmeckender süßer Snack, für sehr kleines Geld angeboten.
An wieder anderen Ecken werden dir Süssgebäck, frisch geknackte Nüsse und Kerne oder Kokosnüsse gereicht und mitten auf der Insel im Hauptkreisverkehr sitzen Frauen und grillen über Metalleimern Maiskolben oder kochen über diesen mobilen Blecheimerfeuerstellen Kutteln, Reis oder Hühnerfüße. Es gibt in dieser Stadt nichts was es nicht gibt und alles frisch, biologisch und unkonventionell – völlig anders als wir es aus Deutschland oder welchem anderen Industrieland auch immer, gewohnt wären.
Ich kann mich an keinen Morgen in Afrika erinnern, an dem ich aufgewacht bin und nicht glücklich war.
Ernest Hemingway

Ich werde von Louis in ein “Lokal” an der Hauptstraße zum Essen eingeladen – dreimal dürft Ihr raten, für welches Gericht ich mich entscheide: Richtig, die Ziege vom Grill und als Nachtisch gibt es K-Vant eine Art Gin, hergestellt in Arusha und bis über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, aber grässlich im Geschmack. Es sei denn, man trinkt in auf Ananasstücken und mit Eiswürfeln serviert, dann schmeckt er ziemlich lecker.
In diesen beiden Tagen laufen wir durch schönste Gemüsemärkte, an welchen die exotischsten Früchte und mir unbekanntes Gemüse angeboten werden, wir laufen durch farbenprächtigste Massaimärkte und durch abgelegenste Wohngebiete in welchen Mütter in den angrenzenden Tümpeln ihre Neugeborenen baden, Großmütter die Wäsche an den Ästen vom Baum zum trocknen aufhängen, Männer die Tiere am Straßenrand hüten oder das Auto besser gestellter Landsleute waschen und Kinder die auf der Strasse Fussball spielen oder auf ihre kleinen Geschwister aufpassen.
Ich erlebe Massaikrieger, bewaffnet mit 30 cm langen Messern oder Säbeln in ihren Gürteln, die durch die Stadt ziehen und Louis nach der Anzahl der Kühe fragen, die er für mich haben möchte. Immerhin haben sie ihm Kühe und nicht Ziegen, Schafe oder gar Hühner geboten – was meinen Wert deutlich nach oben schraubt und meinem Selbstwertgefühl enorm auf die Sprünge hilft 🙈😝

Knockout am Flughafen
Selbst die überwältigendste Reise erreicht irgendwann den Punkt, an dem es wieder zurück in die Heimat geht. In meinem Fall und wie immer wenn ich in Afrika unterwegs bin, leider viel zu früh. Darum bin ich zwar etwas wehmütig, fühle mich aber gespickt mit wundervollen Erlebnissen, insgesamt prächtig.
Aus irgendwelchen mir unbekannten Gründen findet mein Flug nicht wie vorgesehen mit einem Zwischenstopp auf Sansibar, bevor es direkt im Anschluss weiter nach Frankfurt geht, statt. Stattdessen fliege ich über Kenia mit einer Zwischenlandung in Mombasa und einem Aufenthalt von 4 Stunden im dortigen Transitbereich.
Ich lande also eine Stunde später am Flughafen in Mombasa. Direkt beim Aussteigen aus dem Flugzeug fühlt es sich an, als würde mir jemand mit der geballten Faust mitten ins Gesicht schlagen. Die Luft in Kenia ist eine ganz andere, als die Luft noch vor einer Stunde in Tansania: Sie fühlt sich unangenehm schwer, wesentlich dichter, mit einer unerträglich hohen Luftfeuchtigkeit und drückend heiß an. Ich habe im ersten Moment ehrlich Mühe durchzuatmen.
Wir werden in den Transitbereich gebracht, wo ich mir direkt eine Flasche Cola kaufe, weil ich mich unvermittelt nicht mehr so wirklich wohl fühle. Wobei „nicht-so-wirklich-wohlfühlen“ innerhalb kürzester Zeit umschlägt in „ich-fühle-mich-beschissen“, deshalb begebe ich mich zur Toilette, in der Hoffnung, dass es mir wieder besser gehen wird sobald ich mein Gesicht mit kaltem Wasser erfrischt habe.
Fertig mit meinem Erfrischungsritual schnalle ich mir meinen Rucksack wieder auf die Schultern, nehme die Flasche Cola und mache mich auf den Rückweg zu den anderen wartenden Fluggästen. Die Entfernung beträgt geschätzt gerade mal zehn Meter, aber jeden einzelnen Zentimeter den ich mich fortbewege geht es mir schlechter und jeder verdammte Schritt fällt mir immer schwerer.
Ich nehme war, wie mein Gehirn meinen Beinen sagt, sich anzuheben und sich vorwärts zu bewegen und bemerke wie sich die feinen Härchen überall auf meiner Haut schmerzhaft aufstellen. Innerhalb von Sekunden bin ich klitschnass durchgeschwitzt, habe Schüttelfrost und sehe nicht mehr klar. Gleichzeitig fängt mein Kopf an zu glühen und ich habe das Gefühl, als würden meine Augäpfel aus ihren Höhlen springen.
In meine Gedanken schiebt sich die Angst, als Alleinreisende ohnmächtig zu werden: mein Pass, mein Bargeld und die Kreditkarten, mein Ticket für den Heimflug, alles befindet sich in meinem Rucksack, auf den ich nicht achten kann, wenn ich ohnmächtig zusammenbreche. Ich sage mir in Gedanken ständig: Gabi du schaffst! Du schaffst das! Du musst das einfach schaffen! Heb deine verdammten Beine und lauf weiter! Du musst nur die vor die liegende Sitzbank erreichen, dann kannst du dich ausruhen. Aber geh um Himmels Willen einfach weiter und fall jetzt bloss nicht um.
In meinen Ohren beginnt es laut zu rauschen, mein Herz rast und plötzlich wird mir während ich noch gehe, schwarz vor Augen: Ausgenockt! K.O.! Ohnmächtig!
Als ich wieder zu mir komme, liege ich auf zwei Treppenstufen inmitten einer Menschentraube. Ungefähr 30 – 40 Leute stehen im Kreis um mich herum und schauen herabgebeugt und mit besorgter Miene auf mich runter. Das Flughafenpersonal steht hinter der Menschenansammlung und versucht vorsichtig eine Lücke zwischen den Leuten zu nutzen, um auch etwas sehen zu können.
Nur ein etwa gleichalter Mann und eine weitere Frau, sind in Aktion und kümmern sich um mich. Sie bringt mir mit kaltem Wasser angefeuchtete Einmalhandtücher, die sie mir in den Nacken legt und der Mann redet, links neben mir auf den Stufen sitzend, energisch auf mich ein: „Wie geht es dir? Wie fühlst du dich? Ich habe deinen Rucksack an mich genommen, damit er nicht abhanden kommt…“
Na Klasse, denken meine wirren Gedanken, als ich wahrnehme wie er meinen Rucksack auf seine Schulter hängt während er aufsteht: wahrscheinlich macht er sich jetzt mit all meinem Hab und Gut davon – er kann es sich sogar bei mir Zuhause und auf meiner Couch im Wohnzimmer gemütlich machen, weil sich logischerweise neben meinem Reisepass samt meiner Wohnanschrift auch mein Haustürschlüssel im Rucksack befindet. Und ein tolles Auto bekommt er gleich noch gratis dazu, wenn er bei mir Zuhause ankommt. Die Gesamtsituation betrachtend stelle ich fest, dass es sich für mich durchaus lohnender dargestellt hätte, wäre ein Kenianer mit meinem Rucksack auf und davon.
Inzwischen reden immer mehr Menschen auf mich ein, was ich zu unterbinden weiß indem ich mich als Antwort mit einem Riesenschwall übergebe. Mitten vor und auf die Füße der Umstehenden. 🙈 Während ich mich säubere und gleichzeitig tausendfach entschuldige, kommt der nächste Schwall und ich kann ganz ehrlich nichts dagegen tun. Weder kann ich mich bewegen, noch kann ich den dritten und heftigsten Schwall irgendwie zurückhalten oder aufhalten.
Es versteht sich von selbst, dass sich die Menschentraube bis auf ein paar Wenige und Hartnäckige, innerhalb kürzester Zeit nahezu vollständig aufgelöst. Die Einheimischen stehen mit einem Besen vor mir und starren mich bemitleidenswert an, doch keiner macht irgendwelche Anstalten einen Eimer zu holen oder Wischtücher zum aufwischen oder aber wenigstens irgendwelche Tücher um die Sauerei die ich veranstaltet habe, abzudecken.
Plötzlich kommt Bewegung in das Flughafenpersonal und es stürmen gleich vier Bedienstete auf mich zu. Sie haken mich unter und schleppen mich mehr, als das ich selbst gehe in die Flughafenklinik. Unvermittelt taucht der Schweizer mit meinem Rucksack wieder neben mir auf und redet mir gut zu (Vielleicht gefällt ihm meine Couch doch nicht so gut 🙈😝). Meine Größte Sorge ist derzeit allerdings, dass mein Flieger ohne mich nach Hause fliegt und ich hier am Flughafen in Mombasa versauern muss.
Einen gefühlten Marathon später sitze ich neben einer kenianischen Ärztin im Behandlungszimmer der Flughafenklinik und der Schweizer steht schon wieder beharrlich neben mir und flüstert mir eindringlich ins Ohr: „Egal was sie dich fragt, du wirst es NICHT haben!“ 😳
Ich schaue ihn wahrscheinlich unverständlich an, denn er wiederholt seine Worte und fügt hinzu: „Vertrau mir!“. Die Ärztin verlässt den Behandlungsraum und er beginnt mir zu erklären: „Da draussen wartet der Flieger mit über 200 Passagieren, die inzwischen längst wieder an Bord sind und keine Ahnung haben, warum das Flugzeug nicht startet. Das Flugzeug darf nicht ohne uns abfliegen, weil wir uns im Transitbereich befinden und somit quasi an Bord sind. Das heisst im Klartext, wenn diese Ärztin jetzt diagnostiziert, dass du Malaria, Dengue – Fieber, Ebola, die Pest oder Cholera hast, wird das Flugzeug nicht starten dürfen und die gesamten Passagiere werden zur Untersuchung und in Quarantäne bestellt. Also, ich wiederhole nochmal: Egal was sie dich fragen wird, Du wirst es nicht haben!“ „Ach“ fügt er noch hinzu “ich bin Pilot und weiß wovon ich spreche:“
Es versteht sich von selbst – dass ich als die Ärztin zurückkommt und mich fragt, ob ich Fieber habe, ob mir Übel ist, oder ob ich Bauchschmerzen oder Schüttelfrost habe – artig den Kopf schüttele und gehorsam mit NEIN antworte. Sie gibt mir irgendwelches Antibiotika, das ich zwar gefügig und dankbar einnehme jedoch mit einem komischen Gefühl, schließlich habe ich keinen Schimmer was genau ich gerade zu mir nehme.
Der Schweizer bezahlt die Rechnung von umgerechnet 10 Euro in kenianischer Währung und führt mich zum Flugzeug – nachdem dank mir, aus 4 Stunden Aufenthalt in Mombasa nun mehr als 6 Stunden geworden waren – brauche ich hier die mir zufliegenden genervten Blicke der Passagiere im Flugzeug, nicht wirklich zu erklären.
Die Stewardess teilt mir eine freie Sitzreihe zu, versorgt mich noch auf dem Rollfeld mit drei Kissen, einigen Decken sowie Kamillentee und ab geht´s nach Hause.
Während der gesamten Flugdauer von rund 9 Stunden kommt der Schweizer mehrmals an meinen Sitz um nach meinem Befinden zu sehen. Wir wollten eigentlich noch Telefonnummern tauschen, damit ich ihm sein Geld wieder zurückgeben und mich ordentlich für seine Hilfe und Unterstützung bedanken kann. Doch ich war zu benommen und müde um irgendetwas zu tun oder zu sagen. Leider habe ich ihn weder am Flughafen, nach der Landung in Frankfurt, wiedergesehen noch konnte ich ihn im Nachhinein über die Airline ausfindig machen.
Ich hätte mich so gerne bedankt.

Was genau mich dermaßen ausgenockt hat, weiß ich bis heute nicht. Als ich zuhause angekommen bin und die Folgedosis der Antibiose eingenommen hatte, habe ich 16 Stunden am Stück geschlafen. Eine Breze und eine Tasse schwarzen Tee später ging es mir glücklicherweise wieder so gut, als hätte es dieses ganze schaurige Spektakel niemals gegeben.
Alleine zu reisen ist definitiv etwas ganz anderes als zu zweit oder in einer Gruppe. Gerade wenn es einem mal nicht so gut geht und in fremder Umgebung fühlt man sich dann sehr schnell ziemlich verloren. Aber insgesamt gesehen ist das Reisen im Alleingang eine grossartige Sache, weil du Land und Leute ganz anders und viel intensiver wahrnimmst als es in Begleitung jemals möglich sein könnte.
Ich werde es definitiv wieder tun, auch auf die Gefahr hin, dass mir meine geliebten Organe 🙄🙈😝 oder meine urgemütliche Couch irgendwann doch mal, aufgrund meines Rucksackinhaltes unter Umständen vielleicht abhanden kommen könnten. 😉
Lebenslustige Grüße
Gabi ♥️
Weitere Beiträge zu den Tieren und der Landschaft von Afrika im allgemeinen sowie Tansania im Besonderen findest HIER und HIER und HIER.