2340 GRAMM UND GANZ VIEL LIEBE – WARUM UNERFÜLLTER KINDERWUNSCH EINE GANZ BESONDERE AUSZEICHNUNG IST!

Schon in meiner frühen Kindheit wusste ich: wenn ich mal erwachsen bin, will ich mindestens 3 Kinder. Das war mein Plan! Meine Wunschvorstellung! Meine Vorstellung von einem perfekten Leben! Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Viele Frauen wollen ab einem gewissen Alter unbedingt eigene Kinder haben, doch immer mehr Paare müssen schmerzvoll feststellen, dass es ihnen irgendwie nicht gelingt über die traute Zweisamkeit hinauszuwachsen und der ersehnte Kinderwunsch leider ausbleibt. Je länger dieser Umstand bestehen bleibt und je intensiver sie versuchen schwanger zu werden, desto belastender wird es nicht nur für die Frau – sie ist der emotional deutlich stärker betroffene Teil in dieser Geschichte – sondern für die ganze Beziehung.

Ganz zu schweigen davon, dass die eigentlich schönste Nebensache der Welt zum Pflichtprogramm mutiert und irgendwann jeglicher Spass daran oder Vorfreude darauf verloren geht, weil man körperliche Nähe nur noch zielgerichtet vollzieht oder währenddessen versucht auf keinen Fall irgendetwas falsch zu machen.

Wenn die Ursache einer ausbleibenden Schwangerschaft an uns Frauen liegt, zweifeln wir nicht nur die Tatsache JEMALS Kinder haben zu werden an, sondern wir zweifeln an unserer eigentlichen Bestimmung. Wir stellen dann meist unseren eigentlichen Wert als Frau in Frage, belasten und gefährden dadurch zusätzlich die Partnerschaft und hadern mit dem Schicksal.

Manchmal nehmen die Kleinsten den größten Platz in deinem Leben ein

Gabriele Canale

Ich kann mich noch gut an eine Situation, unmittelbar nach meiner zweiten Fehlgeburt erinnern: In den Nachrichten kam eine Meldung über ein Neugeborenes, welches man in einem Müllcontainer tot aufgefunden hatte. Die Gebärende war nach einigen Tagen ausfindig gemacht worden und es stellte sich heraus, dass sie weitere sieben (!) Kinder geboren hatte: davon lebten vier im Kinderheim und die anderen drei wurden ihr von den Behörden weggenommen, aufgrund ihres verwahrlosten Zustandes. Bumm!

Diese Meldung stürzte mich damals emotional in ein tiefes Loch: Warum kann eine Frau wie sie, so viele Kinder bekommen!? Noch dazu da sie diese Kinder offensichtlich ja gar nicht will!? Aber ich, wo ich mir nichts sehnlicher als ein eigenes Kind wünsche und emotional, beziehungstechnisch und wirtschaftlich gefestigt genug bin, um diesem ersehnten Kind ein stabiles liebevolles Zuhause und eine Familie zu geben, kann es nicht? Wo liegt hier der Sinn? Wo bleibt denn hier die Gerechtigkeit?

Als betroffene Frau schwankst du in diesem Moment zwischen Wut, Neid, Angst, Trauer, Hoffnungslosigkeit und absolutem Unverständnis!

Gute Ratschläge, Mitgefühl und Zuspruch von außen erreichen dich in dieser Situation nicht, jedes gut gemeinte: “Dann werdet ihr halt ohne Kinder glücklich…”, “…ein Kind ist doch nicht alles…” oder “man kann sein Leben auch ohne Kinder genießen…” ist definitiv fehlplatziert und stößt auf taube Ohren.

Der lange Weg und übergriffige Fragen

Kaum hast du beim Standesamt die Unterschrift geleistet und vor dem Altar dein allerschönstes Ja-Wort gegeben, geht die Fragerei von gefühlt sämtlichen Leuten in Deinem Umfeld los: Wollt ihr keine Kinder? Wie siehts denn mit Nachwuchs aus? Jetzt wird es aber langsam mal Zeit, dass sich in Sachen Familie bei Euch etwas tut….bla, bla, bla!

Mal ganz ehrlich, haben diese Menschen denn nichts anderes zu tun als permanent und oft sogar wiederholt die gleichen Fragen zu stellen!? Was denken sich diese Leute, wenn sie diese Art von übergriffigen Fragen stellen? Wieso ist es überhaupt notwendig eine dieser Fragen auszusprechen? Was und wem bringt eine Antwort – wie auch immer sie ausfallen würde – überhaupt etwas?

„Wenn mich jetzt noch jemand fragt, wann ich endlich schwanger werde, dann töte ich!“

Gabriele Canale

Dieser Gedanke war damals einer meiner häufigsten Überlegungen. Mal ganz ehrlich, es geht niemanden etwas an: wann, wo und wie oder warum eine Frau schwanger wird, und die Fragerei dient nur einem einzigen Zweck, nämlich die Neugier des Fragenden zu stillen, Klatsch zu erfahren um Tratsch zu verbreiten. Doch jedes einzelne Mal wenn einem als Betroffener diese oder ähnliche Fragen gestellt werden, gräbt sich ein spitzes Messer immer tiefer in dein Herz hinein und verursacht jedes Mal mehr Schmerz, Angst und Hoffnungslosigkeit.

Deshalb meine Bitte: Hört auf Leute zu Fragen, ob sie Kinder haben oder wollen! Es geht Euch nichts an und wenn doch? Dann werdet ihr es zur rechten Zeit erfahren. Ich kenne nämlich kein Paar, dass nicht freudestrahlend und VON SICH AUS die Neuigkeit einer Schwangerschaft oder einer gesunden Geburt in die Welt hinaus posaunen möchte.

Es mag wirklich so sein, dass sich viele darüber einfach keine Gedanken machen, weil sie sich selbst nicht in dieser Situation befinden, doch Fakt ist, dass es immer mehr kinderlose Paare gibt und immer mehr Behandlungsmethoden, die Allesamt extrem belastend für das behandelte Paar sind, vor allem aber für die Frau – sie befindet sich schon alleine durch die hohen Hormondosen physisch und psychisch im Ausnahmezustand. Hinzu kommt noch der Druck des Gedankens: Diesmal wird es klappen – diesmal MUSS es einfach klappen – wie auch immer, aber bitte lieber Gott mach das es diesmal klappt….

Mein langer Weg zu meinem Wunschkind

Über die Dauer von 10 Jahren habe ich versucht schwanger zu werden. Acht Mal hat es geklappt und dann doch wieder nicht – ich habe sie alle wieder verloren – mal in der 4. Schwangerschaftswoche, mal in der 18. SSW oder in der 12. SSW …

Vorausgegangen sind jedesmal unzählige Hormonbehandlungen in Form von IVF. Damals waren diese Behandlungen noch wesentlich aufwendiger als heutzutage und nur in großen Uniklinken durchführbar. Es war die Anfangszeit der künstlichen Befruchtung der sogenannten In-vitro-Fertilisation (IVF). Jeden Tag, bei jeder Behandlung und über die Dauer eines gesamten Zykluses, also mindestens 4 Wochen, 90 Kilometer frühmorgens in die Klinik fahren und 90 Kilometer Mittags wieder zurück. Dazwischen Blutentnahme, Ultraschall und Hormonspritzen. Jeden Tag! Dreißig Tage lang!

Danach die Punktion, in meinem Fall eine mehr oder weniger kleine OP, in welcher die herangereiften Eizellen entnommen wurden, um im Anschluss daran im Reagenzglas befruchtet werden zu können. Drei Tage später – vorausgesetzt es hatten sich Eizellen befruchtet und geteilt – der Transfer: Die Eizellen (maximal 3 davon) wurden in meine Gebärmutter implantiert. Das war’s. Liest sich alles easy, war aber der blanke Horror.

Danach hieß es für mich liegen und warten, bis vierzehn Tage später durch Blutentnahme und Ultraschall festgestellt werden konnte, ob eine Einnistung der Eizelle stattgefunden hatte oder nicht. Diese zwei Wochen waren die Schlimmsten: Du hörst in deinen Körper hinein wie niemals zuvor, du hörst auf jedes Glucksen im Bauch oder spannen in der Brust, auf jedes Ziepfen und Zwicken und durchlebst minütlich Gefühlsschwankungen, die zwar einer Achterbahnfahrt gleichen aber leider im Emotionszentrum deines Gehirns stattfinden.

Zwei Wochen später bekommst du dann entweder die freudige Nachricht schwanger zu sein, oder eben nicht. Glück hattest du irgendwie aber in beiden Fällen: nämlich wenn du nicht überstimuliert warst und infolgedessen deine Eierstöcke, aufgrund der hohen Hormondosen, weder durchgedreht noch geplatzt waren.

Wenn aber in dieser Situation und nach solch einer Behandlung jemand des Weges kommt und freundlich fragt: “Ach Hallo, wie gehts Dir denn? Habt ihr Kinder? Wollt ihr denn gar keine?” dann kann man vielleicht die “empfindliche” Reaktion, auch als Nicht – Betroffener nachvollziehen! 😉

Irgendwann sprach mein Ex – Mann das Thema Adoption an, ich konnte mir das zu diesem Zeitpunkt aber alles andere als vorstellen. Ich wollte ein eigenes Kind! So wie alle anderen! Ein Kind, dass unbelastet war und keine schlechten Erlebnisse durchleben musste. Ein Kind das aussah wie ich oder mein Mann! Einen Säugling! Ich wollte einfach nur MEIN Kind! War das nicht ein Grundrecht für mich als Frau? War das nicht irgendwie auch meine Bestimmung!?

Schicksal ist, wenn Du etwas findest, was Du nie gesucht hast und dann feststellst, dass du nie etwas anderes wolltest!

Genug ist genug!

Monate später, zu Beginn meiner letzten Behandlung entschied ich, dass es nun genug wäre und dies die letzte Behandlung sein sollte – egal wie es ausging. Wir befanden uns – schwanger – auf dem Weg nach Monaco, um dort meinen dreißigsten Geburtstag zu verbringen – die Reise war ein Geschenk meines Ex – Mannes zu meinem 30. Geburtstag gewesen, um auf andere Gedanken zu kommen. Während der Fahrt unterhielten wir uns über eine mögliche Adoption und ich willigte ein, die Adoptionspapiere beim Jugendamt zumindest mal anzufordern und mich näher mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Dass ich, als ich ein paar Wochen später meine achte Fehlgeburt durchleiden musste, wirklich und wahrhaftig am Boden zerstört war, brauche ich glaube ich an dieser Stelle nicht näher zu erläutern. Zu diesem Zeitpunkt bedeutete dies: Aus der Traum vom eigenem Kind und zwar für immer und ewig – solange ich lebe! Ich fiel in ein tiefes schwarzes Loch und brauchte Wochen um mich wieder ins Licht zu hangeln.

Einige Monate später brachte der Briefträger ein dickes Kuvert: es waren die angeforderten Unterlagen vom Jugendamt und diese enthielten Fragen über Fragen – Fragen, die kein Mensch beantworten sollen müsste. Fragen die kein Mensch beantworten kann und Fragen die kein Mensch beantworten will: “Warum wollen sie ein Kind adoptieren?” “Wären sie bereit ein behindertes Kind zu adoptieren?” “Ein Kind mit HIV?” “Ein farbiges Kind?” “Wenn nein, warum nicht!?” “Wie oft haben sie Geschlechtsverkehr?” “Wie steht ihr Freundeskreis zu einer Adoption?” “Wie hoch ist ihr Einkommen?” “Wie wohnen sie?” “Wieviel Quadratmeter umfasst ihre Wohnung oder Haus?” und noch viele viele mehr.

Vierzehn Tage lang, lag dieser Stapel geballter Fragen auf meinem Küchentisch – danach zerriss ich diese Unterlagen und warf sie in den brennenden Kamin – nur um diese verflixten Fragebögen einige Monate später erneut anzufordern, die Fragen darin restlos zu beantworten, alles lückenlos und sauber auszufüllen und an das Jugendamt zurückzusenden.

Inzwischen war ich sicher: Ich bin bereit ein Kind zu adoptieren! Dieser Weg war ein langer emotionaler Weg, voller Für und Wider, ein Weg der mich Zwang mich intensiv mit mir selbst auseinandersetzen, ein Weg der mich zwang mein gesamtes Denken und meine mir selbst auferlegten Regeln zu verändern. Ein Weg der mich zwang mich weiterzuentwickeln.

Die Anträge waren gestellt und nun hieß es warten. Man sagte uns, bis zu zehn Jahren kann es dauern, bis ein Kind an uns vermittelt werden kann und danach wären wir zu alt um einen Säugling adoptieren zu können. Wieder ein Umstand den ich nicht verstand! Nicht verstehen wollte! Waren die Kinderheime nicht voll mit Kindern die ein liebevolles Zuhause suchten! War nicht jeder Tag, den ein Kind in einem Kinderheim verbringen muss, ein Tag zuviel! Erneut verstand ich die Welt nicht mehr und stieß an meine persönlichen Grenzen.

Aber wir waren immerhin offiziell als adoptionswilliges Paar registriert!

2340 Gramm und ganz viel Liebe ♥️

In der Firma meines Exmannes gab es einen Angestellten aus Rumänien. Ich weiss nicht mehr genau wie, aber eines Abends schlug mein Exmann vor nach Rumänien zu reisen – nur für ein verlängertes Wochenende – sein Angestellter hätte uns eingeladen, seine Familie dort zu besuchen. Ich war schon immer ein spontaner Mensch und gern auf Reisen: also machten wir uns auf den Weg nach Rumänien.

Egal wie schwer dein Problem auch ist, sich am Ellbogen lecken ist schwerer!

Konfuzius

Der Vater des Angestellten war politisch in Rumänien tätig – zwar nur regional aber er verfügte über viele Kontakte – so war es uns möglich, auf meinen Wunsch hin unangekündigt ein Kinderheim besuchen zu dürfen.

Freitagabend, den 3. November 2000 um genau 19:00 Uhr ist es passiert: ♥️

Als ich den Zustand der Babys in diesem “Kinderheim” sah, war ich tief betroffen. Ein EINZIGER (!) vorhandener Schnuller – für fünfzehn Babys – war tatsächlich das kleinste Problem in diesem Haus. Ich verlangte eine Wanne, warmes Wasser und irgendetwas, was man zu einer Windel umfunktionieren konnte. Eigentlich nur drei simple Wünsche, die aber in diesem Land zu einer riesigen Herausforderung wurden.

Glücklicherweise war unser Angestellter mit dabei, er konnte Übersetzen, denn Englisch sprach in diesem Dorf offenkundig niemand. Das Wasser wurde in Eimern aus dem Brunnen geholt und gewärmt sowie die Bettwäsche und Handtücher – die wir als Sachspenden mit nach Rumänien gebracht hatten – auf Windelgrösse gerissen.

Innerhalb kürzester Zeit mischte ich das komplette Kinderheim auf: ich krempelte meine Ärmel hoch, schickte die gelangweilten Angestellten in den nächsten Laden zum einkaufen – jedes Kind bekam zu allererst einen eigenen Schnuller sowie etwas sauberes oder überhaupt ETWAS zum Anziehen. Die kleinen Münder wurden mit frisch gekochter Babynahrung gefüttert, die kleinen Ohren mit Wattestäbchen gereinigt, die wunden Popos mit Creme versorgt und danach mit sauberen Windeln bedeckt, und die Matten aus Stroh, in den Bettchen der Kinder, mit Tüchern ausgelegt.

Ich hatte sie alle fünfzehn in meinem Arm, habe sie gewaschen, gewickelt, gebadet und geküsst. ALLE! Nur EINER, der Kleinste wollte nicht wieder zurück in sein inzwischen sauberes Bettchen und so behielt ich ihn auf meinem Arm, legte ihn die Nacht über auf meinen Bauch und schloß ihn in mein Herz:

Unser Sohn hat uns gefunden ♥️

Nun überschlugen sich die Ereignisse: Ich entschied in Absprache mit meinem Exmann, dass ich in diesem Heim übernachte um die Angestellten zu sensibilisieren und ihnen zu zeigen wie man ordentlich mit Menschen umgeht. Und um diesen kleinen 6 Wochen alten und 2340 Gramm schweren Schatz zu zeigen was LIEBE ist.

Eine Matratze, die diese Bezeichnung weiß Gott nicht verdient hat 🙈, wurde aus dem Keller geholt und mein Rückflug storniert: Ich blieb zunächst freiwillig für 6 Wochen in diesem Land, es sollten aber weitere 15 (!) unfreiwillige Monate folgen.

Ich stieß in dieser Zeit mindestens einmal täglich an meine Grenzen: Ich war mutterseelenallein in diesem Land, sprach weder Rumänisch noch verstand mich jemand in Englisch. Ich lebte zusammen mit Mäusen in einem Zimmer für welches ich, nicht nur für rumänische Verhältnisse, eine horente Miete bezahlte. Mein Weisheitszahn wurde mir OHNE Spritze gezogen ( Ich hatte danach ein Loch in der Wange, so groß wie das vom Mauna Loa auf Hawaii). Man nahm mir meinen Pass weg und verweigerte mir unter Angabe von fadenscheinigsten Gründen die Ausreise und auch die Adoption, bewilligte mir aber zumindest die offizielle Pflegeschaft – so hatte der Staat Rumänien nämlich keine Verantwortung mehr für dieses Kind…- mir gab es zumindest die Möglichkeit den Kleinen ständig um mich zu haben.

Ich kannte keine Menschenseele und kaufen konnte ich ausser verschrumpelten Karotten und Weißbrot so gut wie gar nichts, die Töpfe musste ich mit Sand reinigen, Strom gab es nur für drei Stunden täglich und Wasser ausschließlich, wenn die Pumpe des Brunnens funktionierte, was oft über Tage hinweg nicht der Fall war, aber der kleine Kerl auf meinem Arm war glücklich und das war für mich das Wichtigste.

Ich kann mit Fug und Recht behaupten, in dieser Zeit durch die Hölle gegangen zu sein und ich kann außerdem behaupten, dass ich für dieses kleine Wesen in meinem Arm bereit war zu sterben. Ich kann aus tiefstem Herzen behaupten, dass ich dieses Kind mehr liebe als man ein eigens geborenes Kind lieben könnte. ♥️

Nur durch die Initiative meiner Schwester, die Inge Bell eine Journalistin des bayrischen Rundfunks kontaktierte, ihr meinen Fall schilderte und meine Kontaktdaten an diesen Fernsehsender weitergab, war es möglich, den notwendigen Druck auf die rumänische Regierung auszuüben, um mich und meine Rechte als Deutsche im Ausland, endlich zu respektieren. Von Seitens der deutschen Regierung, des auswärtigen Amtes und der Konsulate erhielten wir in keinster Weise Unterstützung: “Man könne schwebende Staatsverträge nicht gefährden, durch das Eingreifen in die Situation eines Einzelnen”, so die schriftliche Aussage damals.

Nach insgesamt 16 Monaten unfreiwilligem Aufenthalt in Rumänien, erhielt ich zwanzig Minuten vor Abflug zurück in meine Heimat, die eigenhändig vom rumänischen Premierminister unterschrieben Adoptionspapiere (bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur die mündliche Zusicherung der Adoptionsministerin) zusammen mit einer persönlichen Entschuldigung.

Doch wirklich erleichtert war ich erst, als der Flieger in der Luft und das Fahrgestell im Innern des Flugzeugbauches verstaut worden war.

Wunder passieren immer dann, wenn du längst aufgegeben hast

Warum unerfüllter Kinderwunsch eine ganz besondere Auszeichnung ist!

Im Grunde war ich 10 Jahre schwanger und lag 16 Monate in den Wehen – so sehe ich das heute im Rückblick 😉 und was lange währt, wird bekanntlich irgendwann viel mehr als nur gut. Meine anfänglichen Zweifel eine Adoption betreffend haben sich sehr schnell in Luft aufgelöst, um genau zu sein: just in dem Moment als sich der kleine Kerl mit seinen 2340 Gramm hilfesuchend in meinem Arm gekuschelt hatte: Mein Sohn geht wie ich, spricht wie ich und denkt in vielem wie ich, wie soll es auch anders sein, schließlich habe ich ihm dies alles beigebracht.

Irgendwann kommt der Moment, in dem du entscheiden musst, ob du die Seite umblätterst oder das Buch endgültig schließt.

Unbekannt

Die Bindung zu meinem Sohn war von der ersten Sekunde eine ganz Besondere – wir hatten 16 Monate lang nur uns: er hatte mich und ich hatte ihn. Das war´s. Jemand anderen gab es nicht – außer alle 14 Tage, wenn mein Exmann uns für 2 Tage besuchen und mit Lebensmittel versorgen kam.

Die Beziehung zu meinem Sohn ist auch heute, nach zwanzig Jahren, noch eine ganz Außergewöhnliche und sehr besonders. Ich bin allerdings immer sehr offen und sehr ehrlich mit dem Thema Adoption umgegangen, habe ihn altersgerecht damit konfrontiert und ausnahmslos alle seine Fragen direkt beantwortet.

Ich kann jedem Paar, dass sich Kinder wünscht, nur ans Herz legen ein Kind zu adoptieren! Aber bitte wählt einen anderen Weg als ich!

Es gibt so unendlich viele Kinder, die ohne Eltern und in Heimen aufwachsen müssen. Nach meiner Meinung ist jedes Kind, dass in einem Heim leben muss, ein Kind zuviel. Kinder sollten wissen wohin sie gehören und keinen bezahlten Mitarbeiter irgendeiner Organisation als ersten Ansprechpartner haben müssen. Kinder sind unser höchstes Gut!

Es gibt sie, diese Gebärenden die ihre Kinder nicht bei sich behalten wollen oder können, aus einem einzigen Grund: nämlich um die wahren Mütter und Väter zu finden, die zwar nicht selbst zeugen oder gebären können, aber mit viel Liebe und Geduld für diese Kinder, deren wahre Eltern sind. ♥️

Es gibt SIE, die zukünftigen Eltern, die bereit sind über sich selbst hinauszuwachsen und sich weiterzuentwickeln. Es gibt SIE, die Eltern die bereit sind ein junges Leben zu retten und zwar im wörtlichem Sinn. Es sind wir, die Eltern mit einem unerfüllten Kinderwunsch! ♥️

Meine größte Angst die Adoption betreffend war…

Heute bin ich fest davon überzeugt, dass dieser Weg ein Kind zu bekommen von Anfang an für mich vorgesehen vorgesehen war: ich dies jedoch lange Zeit nicht erkennen konnte weil ich zu sehr mit diesen medizinischen Behandlungen und dem Wunsch ein leibliches Kind haben zu wollen, beschäftigt war.

Ich meine, du musst dir schon sicher sein, dieses Kind anzunehmen, mit allem was es mitbringt und zwar bevor das Kind bei dir zu Hause eingezogen ist – es gibt kein Rückgaberecht und das ist auch gut so. Du hast nur einen Versuch. Ein leibliches Kind kannst du schließlich auch nicht wieder zurück in den Bauch schieben, nur weil es dir nicht gefällt oder du lieber eines mit blauen Augen, schwarzen Haaren, oder was auch immer gehabt hättest.

Meine größte Angst und Sorge damals war, ob ich ein fremdes Kind überhaupt so lieben könnte, wie ein Kind es verdient hat geliebt zu werden. Ob ich es auch lieben würde wenn es später hässlich sein würde!? Ob ich es lieben könnte, wenn es sich einfach zu einem Arschlochkind entwickeln würde!? Sorry, für diesen Ausdruck aber es gibt solche Kinder – nur werden diese Kinder nicht so geboren, sondern dahingehend erzogen ein Arschlochkind zu sein.

Heute weiß ich es besser! Doch das dauerte und es war ein Reifeprozess. Es brauchte dieses kleine hilflose und völlig auf fremde Hilfe angewiesene Wesen, dass ganz alleine war auf diesem Planeten, dieses kleine Bündel Mensch, welches Niemanden hatte an den es sich schmiegen konnte oder der es in den Schlaf gewogen hätte. Ja, noch nicht mal jemanden hatte, der im täglich mindestens 3x etwas zu essen gegeben hätte.

Das Einzige, was ich wirklich lange Zeit bedauert habe, war und ist es manchmal noch: dass ich nicht alle Kinder aus diesem gottverdammten Heim und diesem erbarmungslosem Land holen konnte.

Am Ende bereuen wir immer nur die Dinge, die wir nicht getan haben.

Unbekannt

Wie ich heute adoptieren würde

Meine Vorgehensweise wäre heute folgende: Ich würde noch vor der ersten ärztlichen Behandlung einen Adoptionsantrag beim Jugendamt stellen, und zwar völlig unabhängig davon, ob ich mich schon mit dem Thema Adoption auseinandergesetzt habe oder nicht. Und völlig unabhängig davon, ob es später tatsächlich zu einer Adoption kommt oder nicht – dies ist zum Zeitpunkt der Antragstellung völlig irrelevant. Die behördlichen Mühlen mahlen extremst langsam und es geht soviel wertvolle Zeit verloren, die sinnvoller genutzt werden kann.

Stell den Antrag, reiche ihn ein und überlege im Anschluss und in Ruhe deinen Weg eventueller medizinischer Behandlungen. Ehe du dich nämlich versiehst, sind zehn Jahre um und wertvolle Zeit ist verloren, die dich anders genutzt viel weiter voranbringen kann.

Solltest du tatsächlich früher einen Vermittlungsvorschlag vom Jugendamt erhalten als du bereit bist – so kannst du diesen immer noch ablehnen, falls du etwaige Zweifel bezüglich einer Adoption hegen solltest – und ganz ehrlich: Du schadest Niemandem mit einer Absage, denn hinter jedem Adoptionswilligem Paar stehen weitere Hundert, die nur auf den lang ersehnten Anruf warten.

Lass das Schicksal entscheiden aber stelle rechtzeitig die Weichen!

Ich wünsche dir aus tiefstem Herzen, den Mut für die Veränderung, die du dir wünscht, die Kraft es durchzuziehen und den unerschütterlichen Glauben daran, dass alles gut werden kann und am Ende gut werden wird! Und wenn es noch nicht gut ist – dann ist es auch noch nicht zu Ende!

Gabi ♥️

Weiterführende Informationen erhaltet Ihr unter nachfolgenden Links:

BUNDESMINISTERIUM FÜR FAMILIEN

ADOPTION Rechtslage

KINDERWUNSCHBEHANDLUNG die unterschiedlichen Methoden

6 Kommentare zu „2340 GRAMM UND GANZ VIEL LIEBE – WARUM UNERFÜLLTER KINDERWUNSCH EINE GANZ BESONDERE AUSZEICHNUNG IST!

  1. 💕Ich kannte zwar Eure Geschichte schon von Deinen Erzählungen , aber es war sehr berührend, sie heute zu lesen und die vielen wunderschönen Bilder von Euch zu sehen – danke dafür 💕

  2. Sehr sehr berührend 🥲 Deine intime, wahre, schwere, traurige und plötzliche mit so viel schöner und positiver Überraschung Du nach zehrenden Monaten.., endlich überglücklich 🤗 nach Hause konntest, nicht alleine.. nein, zu zweit.. so sehr wunderbar ⚓️ 🙏🏼💝🍀
    ❣️

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