Als ich klein war dachte ich, Karl Valentin wĂ€re der Erfinder des Valentinstages, doch weit gefehlt, das einzige was Karl Valentin mit dem Valentinstag verbindet ist sein Spruch: âIch bin kein direkter RĂŒpel aber die Brennnessel unter den Liebesblumen.â
SpĂ€ter erzĂ€hlte man mir, in der fĂŒnften Klasse im Biologieunterricht, der Valentinstag wurde vom Tierreich auf den Menschen ĂŒbertragen, weil Mitte Februar die Paarungszeit bei den Vögeln beginnt.
Frau Bormann, unsere damalige Lehrerin, war ĂŒberzeugt von dieser Theorie und machte obendrein alle Jungs verrĂŒckt, weil sie erstens immer knallroten Lippenstift und zweitens niemals einen BH unter ihrer weit geöffneten Bluse trug – man kann sich vorstellen, wie oft diese Frau von den Jungs zur Hilfe an die hufeisenförmig aufgestellten Tische gerufen worden war đ, heute ist mir klar, dass Frau Bormann die Sache mit Valentin und den Vögeln irgendwie nicht so richtig verstanden haben konnte. đ
Böse Zungen behaupten sogar, der Valentinstag wĂ€re eine Erfindung der Floristen und GĂ€rtnereien, was durchaus im Bereich des Möglichen lĂ€ge, schlieĂlich sind sie es, die in den Tagen rund um den 14. Februar den Umsatz eines ganzen Jahres innerhalb weniger Tage machen, zum einen wegen der erhöhten Nachfrage aber zum anderen wohl auch wegen der kurz zuvor massiv erhöhten Preise von allem, was in irgendeiner Form nach Blume riecht oder auch nur im entferntesten danach aussieht.
Das der Auslöser fĂŒr den weltweit gefeierten Tag der Liebenden, in Wirklichkeit ein Bischof aus Rom, Namens Valentin von Terni war, erfuhr ich erst viele Jahre spĂ€ter. Wer kĂ€me auch auf die Idee, dass ein Mitglied der Kirche in Sachen LIEBE tĂ€tig war? Ein Bischof welcher im Jahre 269 nach Christus durch Enthauptung hingerichtet worden war, weil er insgeheim als Liebesbotschafter fungierte, indem er nicht nur und trotz Verbot Liebespaare christlich vermĂ€hlte, sondern jenen unerlaubten Paaren (insbesondere Soldaten war eine Heirat zu dieser Zeit verboten) obendrein noch Blumen aus seinem eigenen Garten schenkte.
Bei aller Dramatik gefĂ€llt mir diese Geschichte, weil ich im Grunde meines Herzens eine hoffnungslose Romatikerin bin. Doch braucht es um jemandem eine Freude zu machen und ihm oder ihr seine Liebe und Zuneigung zu zeigen einen eigens dafĂŒr benannten Tag?
Mal ganz ehrlich, wenn mein Partner (mal ganz davon abgesehen, dass ich keinen Partner habe đ) mir nur einmal im Jahr und weil der 14. Februar im Kalender dick und fett rot markiert ist, ein BlĂŒmchen oder Pralinchen mitbringen wĂŒrde, mĂŒsste ich mich doch sehr fragen, ob er ĂŒberhaupt der Richtige fĂŒr mich ist. SchlieĂlich kann er sich an 365 Tagen im Jahr daran erfreuen, mich um sich zu haben. Oder etwa nicht?
Doch wenn die Beziehung an 364 Tagen des Jahres nicht stimmt, dann braucht es sicherlich auch keine Blumen und sonstige Geschenke am 365-igsten Tag, schon gar nicht an einem Tag, an welchem man von sÀmtlichen Medien regelrecht angeschrien wird, seinen Partner zu beschenken.




Das Geheimnis einer guten Ehe
Gestern habe ich eine Reportage ĂŒber ein Ehepaar gesehen, welches nun seit 79 Jahren (!) verheiratet ist. 79 Jahre! Das ist unglaublich.
Als die alte Dame gefragt wurde, was ihr Geheimnis sei, sagt sie: âdabei mochte ich ihn zu Beginn nicht einmal…â (da haben wirâs, dass war bei meiner Ehe nĂ€mlich erst zum Schluss der Fall đ) sie fĂŒhrt weiter aus: â…aber Liebe muss wachsen, sich arrangieren und gelebt werden.â
Eine groĂe Sache sei wĂ€hrend der ganzen Ehe gewesen, â…den Mund zu halten (das nĂ€chste Problem đ) und nicht alles kommentieren zu mĂŒssen, was der Partner so tut oder sagt…â erzĂ€hlt die 96 JĂ€hrige und der alte Herr, ihr Ehemann stimmt ihr begeistert zu.
âEin gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissenâ, betont die rĂŒstige Dame am Ende mit mahnendem Zeigefinger.
Auch der 108 JĂ€hrige Gatte kommt zu Wort: âWir wussten, wir konnten immer auf den anderen zĂ€hlen und uns unter allen UmstĂ€nden vertrauen.â
Eine groĂe Aussage, vor allem im Hinblick darauf, dass beide den Krieg mit- und ĂŒberlebt haben, wo die UmstĂ€nde sicherlich ganz andere und schwerwiegendere waren als heutzutage. Die Frage nach Beruf oder Familie stellte sich zum damaligen Zeitpunkt nicht, es war klar, dass die Hauptlast der Familie die Frau zu tragen hatte.
Mögen hĂ€tt ich schon wollen, aber dĂŒrfen hab ich mich nicht getraut.
Karl Valentin
War die Liebe frĂŒher einfacher?
Ich glaube nicht, dass die Liebe selbst frĂŒher wirklich einfacher war (die Schmetterlinge sind auch damals kreuz und quer durch den Bauch geflogen) aber ich glaube, dass die Voraussetzungen und UmstĂ€nde fĂŒr die Liebe genauer prĂ€zisiert waren. FrĂŒher lernte man sich kennen, verliebte sich und war bereit sich durch Heirat sofort und fĂŒr immer zu binden und dieses Versprechen bis zum Ende seiner Tage zu leben, komme was da wolle, in guten und in schlechten Tagen, in Krankheit und in Armut, bis das der Tod diese Bindung scheidet.
Heute haben wir alle Möglichkeiten und den Luxus der Wahl. Es stehen uns weder familiĂ€re Konventionen noch finanzielle oder gesellschaftliche Hindernisse im Weg unser Liebesleben so auszuleben, wie es uns gefĂ€llt. Wir genieĂen Freiheiten, wie zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte der Menschheit, wir reisen wohin wir wollen und quer ĂŒber den Planeten (zumindest war das vor Corona so đ), wir lieben wen oder was und so oft wir wollen und leben und lieben unsere UnabhĂ€ngigkeit.
Das Leben ist geschlechtsunabhĂ€ngig und so voller Möglichkeiten und wer weiĂ schon heute, was der nĂ€chste Morgen bringt. Ich denke, wir sind genau dadurch ein StĂŒck unsicherer in unseren Entscheidungen geworden, weil wir uns gleich und stĂ€ndig fragen: Ist er oder sie wirklich der oder die Richtige? Ist er oder sie tatsĂ€chlich meine groĂe Liebe? Oder wartet da drauĂen noch jemand auf mich, der besser zu mir passt, gröĂer ist, besser aussieht oder erfolgreicher ist, weiter springen kann, mehr Haare auf dem Kopf hat…?
Wir versuchen permanent zu ergrĂŒnden, ob wir ĂŒberhaupt bereit sind fĂŒr eine Beziehung und alles was diese mit sich bringt und ob wir wirklich dauerhaft Kompromisse eingehen und unser Leben an einem anderen Menschen ausrichten wollen.
Heute können und wollen wir uns einfach nicht nicht mehr festlegen, denn es könnte schon morgen wieder alles anders sein. Wir könnten urplötzlich in einem anderen Bett oder Land und ja, sogar als ein völlig anderes Geschlecht aufgewacht sein.
FrĂŒher hatte der Partner und die Familie absolute PrioritĂ€t, deshalb war es ein leichtes sich nach einem Streit wieder anzunĂ€hern, weil jeder wusste dies ist wofĂŒr es sich zu leben lohnt. Ein âich liebe Dichâ war ernst gemeint und wurde nicht schon nach 48 Stunden Chatverlauf und womöglich ohne das man sich jemals persönlich getroffen hat, ausgesprochen. Die berĂŒhmtesten und begehrtesten drei Worte hatten noch echten Wert und Bestand und waren ein Garant.
Die Kommunikation hat sich im Laufe der Zeit verĂ€ndert. FrĂŒher waren Paare meist ehrlich miteinander und haben sich gegenseitig gezeigt (!) (und nicht nur davon erzĂ€hlt) das sie geliebt werden und fĂŒr den anderen einstehen – auch wenn eine hĂŒbsche Blondine oder ein knackiger Bauchnabel des Weges kam đ, man mochte sich zwar Appetit geholt haben, aber gegessen wurde einfach zu Hause.
Man wusste, das eine perfekte Beziehung nicht existiert und eine gute Beziehung zu fĂŒhren harte Arbeit ist. Aber man wusste auch, dass es sich lohnt zu kĂ€mpfen und sich gemeinsam eine Zukunft aufzubauen, weil das GlĂŒck der Familie immer an allerhöchster Stelle stand. Man wusste das gesprochene Wort hat GĂŒltigkeit und ein Handschlag war verbindlich.




Die Stecknadel im Heuhaufen – War Dating frĂŒher besser?
Im Laufe der letzten 80 Jahre hat sich zwar nicht die Stecknadel geÀndert, die wir suchen aber der Heuhaufen doch ganz gewaltig.
Es versteht sich von selbst, dass in den 1940er Jahren das Vorhaben einen Partner zu finden ein schwieriges Unterfangen war. Die meisten jungen MĂ€nner waren Soldaten, deshalb war es umso wichtiger, sich schnell festzulegen und zu verloben oder besser gleich zu verheiraten. Es war fĂŒr die jungen MĂ€nner ĂŒberlebenswichtig sich einen Grund zu schaffen, unversehrt von der Front zurĂŒckkehren zu können und fĂŒr die jungen Frauen war es nicht minder wichtig sich schnell zu binden, schlieĂlich war absehbar, dass nach dem Krieg kaum mehr ein Mann zum heiraten ĂŒbrig sein wĂŒrde.
In den 1950er und 1960er Jahren fand die Datingsache dann schon etwas liberalisierter statt. Die jungen Leute trafen sich am Wochenende zum Tanz, man unterhielt sich ausgiebig, hielt HĂ€ndchen und meist war nach dem ersten Kuss eine Heirat auch schon beschlossene Sache. Immerhin gab es Sex nur nachdem man sich zuvor geheiratet hatte.
In den 1970er Jahren war Sex vor der Ehe lĂ€ngst kein Tabu mehr, die freie Liebe hielt in der Gesellschaft Einzug und der Spruch âwer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Etablishmentâ wurde zum Leitfaden dieser Zeit.
Die 1980er und 1990er Jahre hatten eher weniger mit klassischen Dates zu tun, als mehr mit Gruppen und Cliquenbildung, die jungen Leute wĂ€hlten ihren Partner meist innerhalb dieser Verbindungen aus und oftmals war gar nicht so wirklich klar, ob nun der mit dieser oder jener mit welcher Partnerin zusammen ist. âFreundschaft plusâ war der neue Begriff.
Ab den 2000er Jahren findet das erste Date zumeist noch vor dem ersten Treffen statt, dem Internet sei dank, ist es nun nicht mehr notwendig sich aufzubrezeln und auĂer Haus zu gehen, wenn man jemanden kennenlernen will. Oft weiĂ man ĂŒber das GegenĂŒber – Facebook, Tik-tok und Instagram sei dank – schon mehr als die gesamte Lebensgeschichte, bevor man ihn ĂŒberhaupt persönlich getroffen oder erlebt hat.
Seit Tinder ist es im Grunde in Sachen Partnersuche nun nicht mehr von Belang, mehr zu können als sich in Selfietechniken zu ĂŒben und die Darstellung der eigenen Person in den sozialen Medien und bei Datingportalen zu perfektionieren. Nur die âWischtechnikâ auf dem Smartphone muss darĂŒberhinaus noch beherrscht werden. đ
Immerhin die HĂ€lfte (!) der jungen Leute sind heutzutage bei einem oder mehreren Datingportalen oder Datingapps registriert und viele beklagen, dass ein richtiges und ernstgemeintes Date immer schwieriger wird, aber sollte die moderne Technologie ursprĂŒnglich nicht genau das Gegenteil erreichen? Sollte sie nicht die HĂŒrde des Kennenlernens erleichtern?
Meiner Meinung nach hatten es die jungen Leute zu keinem Zeitpunkt der Geschichte so schwer, einen Partner zu finden, wie heute in Zeiten von social Media und Photoshop. âAlles kann, aber nichts muss, immerhin gibt es Millionen von Menschen die genau mich als ihren Partner suchen…â
Erschwert wird das Ganze zusĂ€tzlich noch durch Corona und die damit verbundenen EinschrĂ€nkungen. Seit fast einem Jahr sitzen die jungen Leute mehr oder weniger isoliert zu Hause und sind gezwungen, breitgefĂ€chert sĂ€mtliche Portale rauf und runter zu checken um den oder die Eine zu finden, mit dem sie fĂŒr immer und immer zusammenbleiben möchten.
SelbsterklĂ€rend, dass hier nicht nur âeinâ MĂ€dchen oder Junge angeschrieben wird, sondern die Netze ganz breit ausgefahren werden um möglichst viele Fische auf einmal fangen zu können, weil ein gewisser Verlust von vornherein vorprogrammiert ist…OberflĂ€chlichkeit lĂ€sst grĂŒĂen.
Ich finde nicht, dass frĂŒher alles besser war aber ich finde schon, dass Dating und das erste Kennenlernen auf jeden Fall frĂŒher deutlich besser, unendlich viel schöner und wesentlich aufregender war.
Sehr schade, dass die jungen Leute von Heute keine Ahnung mehr haben, wie flirten geht. Dabei ist es die schönste Sache der Welt, irgendwo an der Supermarktkasse, an der Tankstelle, beim Tanzen, im Biergarten, am Arbeitsplatz oder wo auch immer einen ersten Augenkontakt herzustellen, einen unbekannten Menschen der einen zunĂ€chst nur optisch anspricht, zuzulĂ€cheln und sich möglicherweise spontan auf einen Kaffee zu verabreden oder Telefonnummern zu tauschen um sich langsam (!) nĂ€her kennenzulernen und möglicherweise mehr daraus zu machen…
Ich wĂŒnsche uns und unseren Kindern und Jugendlichen vor allem, dass sie wieder lernen sich auf die wesentlichen Dinge eines Menschen zu konzentrieren und weniger darauf, wer das schönste Foto gestern auf Instagram oder Facebook veröffentlicht hat.
Wir alle sollten eigentlich jeden Tag Valentinstag feiern!
Lebenslustige GrĂŒĂe
Gabi â„ïž
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