ABENTEUER SÜDAFRIKA TEIL 1 – WESTERN CAPE: GARTENROUTE – SWARTBERGE – GREAT KAROO

„Nicht sprechen. Langsam Atmen. Mit Bedacht bewegen und auf KEINEN Fall schnelle Bewegungen machen…“

Dies sind die Anweisungen von Donovan, als wir aus dem Offroader steigen, er sich sein Jagdgewehr (nur zum Schutz) auf die Schultern schnallt und wir zu Fuß durch den südafrikanischen Bush streifen, um hoffentlich einen Geparden aufzuspüren und aus nächster Nähe beobachten zu können. Schon der Gedanke, gleich einem Raubtier sozusagen „Schnauze an Schnauze“ und ohne den Schutz eines Jeeps, gegenüberzustehen schraubt den Adrenalinspiegel deutlich in die Höhe.

Die Sache mit der Bedächtigkeit hat bei mir auch bestimmt 2 Kilometer gut funktioniert. Um genau zu sein: bis zu dem Zeitpunkt, als wir – nicht nur einem Geparden begegnen – sondern gleich zwei ausgewachsenen Gepardenbrüdern unvermittelt auf ungefähr 10 Metern Entfernung gegenüberstehen.

Dummerweise trete ich genau in diesem Moment in ein Loch, knicke um und stürze… und zwar alles andere als langsam und bedächtig – wie könnte man bitte LANGSAM stürzen? Oder elegant und leise hinfallen?

(Anweisungen strikt befolgen? Kann ich! 🙄)

Mein Sohn, mit seinem höchstprofessionellgenervten Gesichtsausdruck: „Oh MAMA, doch nicht jetzt“.

Oliviano ist der Grund, warum wir in Südafrika gelandet sind. Ich wollte kurzfristig an Weihnachten 2019 gemeinsam mit meinem Sohn verreisen und wenn möglich, unbedingt nach Afrika. Als mich Sandra von ELELA-Reisen über Instagram kontaktiert und mir eine Reise der besonderen Art offeriert, bin ich sofort begeistert. Südafrika als Rancher bereisen und mit der Natur auf ursprünglichste Art verbunden sein, war genau mein Ding und so buche ich innerhalb kürzester Zeit diesen Mutter-Sohn-Abenteuertripp.

Mein Sohn, der immer schon alles liebt, was sich in irgendeiner Form mit mehr als zwei Beinen (oder auch komplett ohne Beine) fortbewegt wünscht sich seit langem, mit mir auf diesen Kontinent zu reisen…JETZT ist der richtige Zeitpunkt gekommen.

Ich will unbedingt mit ihm gemeinsam Fährten lesen lernen, zu Fuß durch den Bush marschieren, Rangerwissen -wie nähert man sich wilden Tieren, den Umgang mit Orientierungs- und Navigationsgeräten, wie baut man sich einen Unterschlupf, aus der Praxis aufnehmen und ganz ganz nah an und mit der afrikanischen Wildnis verbunden sein. (Wie unverschämt nah wir tatsächlich wiederholt mit der Wildnis von Südafrika verbunden waren…erfahrt ihr noch 🙈)

Doch zurück zu den Geparden. Die Brüder zucken noch nicht mal mit der Wimper, als ich geräuschvoll und mächtig staubaufwirbelnd auf die ausgetrocknete, steinige Erde falle – glücklicherweise liegen sie gesättigt und schlafend im Schatten eines Busches und genießen die Ruhe (zumindest bevor wir – um genau zu sein: ICH 🙄 – angekommen sind) Man kann allerdings genau sehen, dass sie sofort die HABACHTSTELLUNG einnehmen und uns nur glaubhaft machen wollen; sie lägen völlig unbeteiligt im Staub und würden uns nicht bemerken .

FÜR UNS – ein unglaubliches Gefühl:

Das Herz schlägt dir in diesem Moment bis hoch zu den Ohren, der Mund wird trocken und du erlebst eine ganze Sinfonie an Emotionen: Begeisterung, Ehrfurcht, Respekt, das Gefühl diese Tiere jetzt sofort und auf der Stelle kräftig knuddeln zu wollen und auch ein kleines bisschen Angst. Weil du nie weißt, was passiert im nächsten Moment…! Deine Sinne sind dermaßen geschärft, die feinen Härchen an Armen und Beinen stehen hoch aufgerichtet -wie kleine Soldaten- und nehmen selbst den feinsten Lufthauch war, dein Blick schärft sich und die eigenen Ohren registrieren selbst das leiseste Knirschen oder Rascheln aus jeder einzelnen der vier Himmelsrichtungen.

Gleichzeitig sind sämtliche Muskeln im ganzen Körper angespannt und in Fluchtbereitschaft aufgebläht, und dennoch verspürst du ein leichtes Beben in den Knien. Aber eigentlich nur, weil du weißt – egal was kommt, wir werden niemals schnell genug auf einen Baum kommen, sollten die beiden doch noch das Bedürfnis nach einem Snack verspüren. Mal ganz abgesehen davon, war weit und breit kein einziger Baum zu sehen und überhaupt sind Geparden durchaus gute Kletterer – zumindest deutlich besser als wir Menschen, und WEGLAUFEN vor einem Geparden – dem schnellsten Säugetier dieser Erde – völlig Aussichtslos.

Langsam schleichen wir rückwärts davon (hoffentlich fällt nicht nochmal jemand (also ich 🙈) hin und provoziert damit doch noch einen Zwischenfall). Wir entfernen uns Schritt für Schritt, bis wir weit genug entfernt sind, um uns umdrehen zu können und mit Blicken über sämtliche Schultern immer wieder zurückzublicken, weil die Faszination dieser Situation noch immer deutlich anhält und dieses Zurückweichen das Gefährlichste an dieser „hautnahen“ Begegnung mit diesen Raubtieren darstellt.

In der darauffolgenden Nacht träumen wir beide, mein Sohn und ich, von der Begegnung mit diesen einzigartigen Tieren.

Landschaftlich ist Südafrika, vor allem das Kap, sowie auch der Ozean entlang der Gartenroute in Richtung Great Karoo und über den Swartbergpass hinweg, unvergleichlich schön.

Wir fahren gefühlte Ewigkeiten, von George in Richtung Prince Albert über sich schlängelnde Straßen, an unzähligen Straussenfarmen vorbei, durchfahren viele kleine Dörfer und lassen die Swartberge ganz weit hinter uns, welche das kleine Karoo vom großen Karoo trennen und maßgeblichen Einfluss auf das Wettergeschehen zu beiden Seiten der Gebirgskette haben.

Mit jedem zurückgelegten Kilometer scheint sich die Landschaft komplett zu verändern, bis wir das unendlich weite Great Karoo erreichen. Ab diesem Zeitpunkt herrscht eine unerträglich trockene Hitze, die Luft über den Wegen scheint zu vibrieren und nur noch vertrocknete Vegetation und staubige, steinige Erde ist zu sehen, was die Landschaft um uns herum noch mystischer, spannender und eindrucksvoller erscheinen lässt. Seit mehr als sieben Jahren ist in dieser Region kein Tropfen Regen gefallen, wie man uns später erzählt.

Wir erreichen das Roam Game Reserve am 22. Dezember um 19:00 Uhr und sind als einzigste Gäste auf der „kleinen“ Ranch bei Donovan und Abigail über die Feiertage zu Gast. Die beiden Herzensmenschen erwarten uns bereits mit einem farbenfrohen Cocktail und einem atemberaubendem Sonnenuntergang auf der Poolterrasse, mitten im südafrikanischen Bush. Eine unendlich weite Aussicht, mit Büffeln, Giraffen, Schildkröten und vielen weiteren faszinierenden Geschöpfen begrüsst uns und lässt sowohl Oliviano als auch mich, aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.

Am nächsten Morgen geht es direkt schon um 5 Uhr in den Bush und auf die Pirsch, wir treffen ziemlich schnell auf meine Lieblingstiere, die Buffalos und verbringen diesen und alle weiteren Tage mit Tracking, Fährtenlesen, werten Bushkameras aus, zählen und beringen Vögel, fahren unendlich weite Strecken querfeldein, über Felsen und durch ausgetrocknete Flussbetten, kurzum wir sind tausende von Schritten zu Fuß unterwegs – kreuz und quer durch den Bush. Immer mit an Board: unser Essen, ausreichend Wasser und die Trackinggeräte um die Raubtiere orten zu können.

Unterwegs begegnen uns nicht nur unzählige Tiere, wir folgen ihnen auch zu Fuß, lernen ihre Fußabdrücke zu lesen, ihre Ausscheidungen zu deuten, beginnen zu verstehen, wie lange vor uns sie an diesem Ort waren, in welche Richtung sie laufen, wie groß sie sind und wieviele Giraffen, Büffel, Antilopen etc. uns auf diesem Weg vorausgegangen sind. Wir lernen welche Bushkräuter essbar und welche giftig sind, entdecken Wurzeln die sich als Fackeln verwenden lassen -und über Stunden hinweg brennen – und welches Erdloch, das Zuhause von welchem Tier ist.

Fährten lesen und Bushskills studieren ist eine unglaublich spannende Sache.

Abenteuer beginnen im Kopf, werden in der Welt lebendig und enden in Geschichten daheim.

Man könnte sagen, mein Sohn hat Südafrika „Kopfüber“ erlebt

Oliviano hat in Donovan seinen Meister gefunden: Egal ob bei Tag oder Nacht, sobald wir auf einen größeren Stein treffen (passiert ungefähr alle 2 Sekunden), ist mein Sohn nur noch Kopfüber und mit dem Hintern hoch oben in der Luft zu sehen, weil er jeden (!) wirklich JEDEN einzelnen größeren Stein umdreht, um einen Skorpion zu finden.

Wenn einer ALLES über Skorpione und Spinnen weiß, so ist es Donovan. Und wenn einer geduldig bereit ist, sein immenses Wissen über diese Erdenbewohner zu teilen, so ist dies ebenfalls Donovan.

Er hat keinerlei Furcht, nimmt jedes dieser Tiere in die Hand und erklärt uns, woran wir erkennen, wie giftig das jeweilige Tier ist. Besonders spannend sind die nächtlichen Skorpiontouren zu Fuß: nicht nur weil man überhaupt nichts sieht – zumindest zu Beginn, denn unser Auge gewöhnt sich ziemlich schnell an die Dunkelheit und passt die Sehfähigkeit an – sondern vor allem, weil eine Gruppe Schakale uns folgt und hörbar um uns herumschleicht.

In völliger Dunkelheit im südafrikanischen Bush unterwegs zu sein, noch dazu zu Fuß und ziemlich weit weg vom Jeep, ist schon eine pfiffige Nummer. Ich kann definitiv behaupten: Ich hätte alleine niemals mehr zurück gefunden, weder zum Jeep noch zur Ranch.

Südafrika – ein Afrika für Anfänger

Für Oliviano ist dieser Teil unserer Reise unendlich faszinierend und begeisternd. Für mich ist er klasse, weil ich zum einen Afrika liebe, und zum anderen unendlich viel Zeit mit meinem Sohn verbringen darf und obendrein immens viel an Wissen sammeln kann. Der Schwerpunkt dieser Reise liegt ganz klar bei Oliviano`s Liebe und Interesse zu Insekten und Kriechtieren, was sicherlich Donovan`s enzyklopädischem Wissen über diese „kriechende & fliegende“ Welt geschuldet ist.

Trotz dieser unendlich vielen, traumhaft schönen Eindrücke und spannenden Erlebnissen, ist Südafrika für mich, ein „Afrika für Anfänger“ und nicht im Ansatz vergleichbar mit z.B. Tansania, Botswana oder Sambia. Zu Fuß durch die Serengeti oder das Okavango Delta: UNDENKBAR. Die Tiere dort, sind in viel viel größerer Artenvielfalt und Anzahl unterwegs und ein Rudel Löwen kann schon mal locker aus 20 Katzen bestehen, ganz zu schweigen von immens großen Elefanten- und Büffelherden…

Was ich im Laufe dieser Reise auch lerne, ist die Tatsache, dass in Südafrika immer noch die „WEIßEN“ das „SAGEN“ haben und die schwarze Bevölkerung leider nach wie vor stark diskriminiert wird. Nach wie vor wird in Südafrika die schwarze Bevölkerung ausschließlich für niedrige Tätigkeiten wie Reinigungsarbeiten, Küchen- oder Wäschedienst etc. für eine wesentlich geringere Bezahlung, beschäftigt. Ein Umstand, den ich niemals auf dem „schwarzen Kontinent“ in diesem Ausmaß für Möglich gehalten hätte. Ich hatte tatsächlich die Illusion, dass sich die Rassengeschichte gerade in Südafrika inzwischen zum Besseren gewendet hätte.

In den Fortsetzungen „Südafrika Teil 2, Teil 3,…“ erzähle ich Euch, was es mit „Bonnie The Bitch“ auf sich hat, warum Oliviano eines Nachts, mitten im Bush dringend eine Flasche Trockenshampoo benötigt (und zwar nicht für seine Haare 🙄)…wieso mein Sohn und ich in einer Bar übernachten mussten 🙈 und noch so einiges mehr… Ihr dürft also schon mal gespannt sein…

Ich wünsche Euch den sonnigsten und lebensfrohsten Tag Eures bisherigen Lebens

Gabi ♥️

Infos zu Rangerreisen in Südafrika findet Ihr HIER und weitere interessante Erlebnisse von mir und meinen Reisen gibt es HIER.

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